Kopflinden, traurige Gestalten

Zum Anfang des Jahres bricht die Schneidewut aus. Meistens fangen die Jungs von den Gartenämtern an und asten Straßenbäume auf. Ok, hat sicher in dem einen oder anderen Fall seine Berechtigung. Dabei bleibt es aber nicht. Wertvolles Unterholz und Gebüsch auf Grenzen zwischen Wiesen, welches ja wohl ursprünglich als Windschutz gedacht war, wird nun radikal zurück geschnitten. Auf Stock setzten heißte es im Volksmund. Dabei wird außer Acht gelassen, dass je stärker der Rückschnitt ist, desto stärker ist auch der Austrieb. Es steht also zu befürchten, dass man in zwei Jahren schon wieder schneiden muss. Das sieht mir ganz nach Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aus. Die größte Verkrüppelung scheint mir aber die Entstehung von Kopf- oder Scheitelbäumen zu sein. Zu sehen sind dieser Tage traurige Gestalten von Linden, Eschen und Eichen, die eher wie wie hilflose Stümpfe aussehen.

Zum Glück scheinen die Gartenämter sich personell zu modernisieren. Das Umweltamt des Landkreises Postdam-Mittelmark hat zum Thema Kopfbäume einen Flyer herausgegeben, den man sich hier herunterladen kann. Darin wird sehr gut auf die Problematik des Schnittes eingegangen.

Der Pflegeaufwand der Kopfbäume ist enorm. Spätestens nach 5 Jahren muß wieder geschnitten werden, das sonst die Gefahr besteht, dass die Krone aus einander bricht. Der Stress für die Pflanzen nach dem Schnitt ist gewaltig. Ohne Laub können sie keine Photosynthese und Assimilation betreiben. Aus lauter Angst zu sterben produzieren sie schnell neue Triebe um den Mangel wieder auszugleichen. Natürlicher Weise ist bei einem Baum das Verhältnis Stamm zu Krone etwa 1:1 und das geschnittene Gehölz möchte so schnell wie möglich dieses Verhältnis wieder herstellen. Die neuen Triebe wachsen dann igelartig aus den Stümpfen hervor und werden viel zu lang und behindern sich gegenseitig. Resultat: nach 3-5 Jahren wird wieder alles abgeschnitten.

Die Entstehung der Kopfbäume ist aus dem Mangel an Viehfutter entstanden. Auch das Gewerbe der Korbflechter ist auf die langen Ruten der Weiden angewiesen. Den Weiden scheint der Schnitt auch nicht so viel aus zu machen, wie anderen Bäumen. Hier halte ich den Schnitt von Kopfweiden für vertretbar, vor allem dann, wenn das alte Handwerk des Korbflechtens noch praktiziert wird. Das Verkrüppeln von Straßenbäumen ist jedoch eine andere Sache und auf Fehlpflanzungen zurück zu führen. Plötzlich stellt man fest, das Linden 20 m und höher werden und sie einen Kronenradius von 6 m haben, wer hätte das gedacht.

Veröffentlicht von

Anja Walessa

Mein Name ist Anja Walessa, Jahrgang ’65. Meine Leidenschaften sind Gärtnern, Kochen, Fotografieren und Science Fiction Filme. Außerdem mag ich kleine pelzige Vierbeiner, in erster Linie Katzen.

2 Gedanken zu „Kopflinden, traurige Gestalten“

  1. Vielen Dank für den Artikel. Ich bin Ortsvorsteherin von Chossewitz, Ortsteil von 15848 Friedland (Mark). Ich kämpfe seit Jahren gg. das Abrasieren der Kopflinden auf unseren Straßen. Ich kann sehr gut sehen, wie die Bäume unter der Prozedur leiden. Aber einige Bewohner scheinen die geköpften Linde schön zu finden. Leider kann man jetzt nicht mehr viel machen: die Linden wird man immer wieder dieser schädlichen Behandlung unterziehen, sonst drohnt die Krone auseinander zu brechen. Ich versuche die Stadtverwaltung zu überreden, wenigstens alle 4-5 Jahren die Prozedur zu wiederholen, nicht alle 2 Jahren, wie es aktuell ist.

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